Auf der Cake and Bake Messe in Dortmund Ende Mai habe ich eine Demonstration von Carlos Lischetti zum Thema Figuren Modellieren gesehen. Ich habe euch ja schon erzählt, dass ich mich mit dem Thema im Moment näher beschäftige. Die Demonstration war richtig toll, die Erklärungen super verständlich und ich konnte so viel mitnehmen. Aber natürlich kann in der kurzen Zeit nicht alles erklärt und gezeigt werden, deswegen habe ich mir nach der Messe die beiden Bücher Animation in Sugar 1 und 2 von Carlos Lischetti gekauft. Heute möchte ich euch diese näher vorstellen – und um es vorweg zu nehmen, ganz doll ans Herz legen!
Fakten Teil 1: Animation in Sugar 1*
- 1. Auflage von 2012
- ca. 190 Seiten
- Sprache Englisch (das Buch soll aber bald auch auf Deutsch erscheinen)
- ca. 25€
- 14 Projekte
Fakten Teil 2: Animation in Sugar 2*
- 1. Auflage von 2015
- ca. 250 Seiten
- Sprache: Englisch
- ca. 20€
- 16 Projekte
Erwartungen
Durch die Demonstration auf der Messe wusste ich, das Carlos Lischetti sehr elegante, aber deutlich vereinfachte Figuren macht. Beispielsweise arbeitet er selten die Finger und Zehen der Figur exakt aus, sondern deutet sie nur an. Auch die Gesichter sind nicht detailliert lebensecht, sondern eher im Comic-Stil gehalten. Eigentlich interessieren mich zwar eher die wirklich lebensechten Figuren, aber ich erhoffe mir von dem Buch, etwas über Ausdruck und Eleganz zu lernen. Ich wünsche mir die Kniffe zu lernen, wie ein bestimmter Gesichtsausdruck lebendig wirkt oder eine Körperhaltung zu der Geschichte der Figur passt.
Das Buch: Inhalt, Gliederung, Aufbau
Wie eigentlich jedes Buch zum Thema Motivtorten beginnen auch diese beiden mit allgemeinen Kapiteln. Zunächst wird das benötigte Werkzeug vorgestellt, dann folgen mehrere Rezepte zu Kuchen, Cake Pops, Plätzchen und Füllungen. Natürlich fehlen auch Rezepte für Fondant, Modelliermasse und Royal Icing nicht. Im nächsten Abschnitt wird dann erklärt, wie Motivtorten vorbereitet und eingedeckt werden. Diese Kapitel sind in beiden Büchern fast identisch, ein bisschen schade aber irgendwie logisch.
Dieser Abschnitt ist insgesamt recht lang geraten, was ich bei Büchern zu einem so speziellen Bereich der Motivtortenkunst unnötig finde. Ich denke, die meisten, die dieses Buch kaufen, wissen, wie man eine Torte eindeckt. Gleichzeitig kann so ein Kapitel nie alles abdecken, so dass die Informationen für Anfänger reichlich knapp sind. Aber nun gut, ein paar Tipps kann man schon mitnehmen. Außerdem finde ich es immer ganz interessant zu sehen, wie die verschiedenen Künstler die essbare Basis ihrer Kreationen angehen.
Danach folgt nun der eigentlich spannende Teil, nämlich ein paar allgemeine Informationen zum Modellieren. Es werden die Grundformen (Kugel, Strang, Tropfen etc.) erklärt, aus denen die Figuren zusammengesetzt werden. Mit vielen Bildern wird genau gezeigt, wie man diese Formen glatt und schön formen kann. Daran anschließend wird erklärt, wie die Proportionen des Gesichts und des Körpers sein sollten, damit eine Figur niedlich aussieht. Das dazugehörige Schema ist unglaublich hilfreich und sollte jedem, der sich mit dem Modellieren menschlicher Figuren beschäftigt, bekannt sein. Natürlich kann man diese Info auch googlen, aber hier wird es wirklich schön erklärt.
Im zweiten Buch wiederholen sich diese Abschnitte teilweise, allerdings wurden sie noch weiter ergänzt. Es finden sich nun auch Bilder und Tipps für Gesichtsausdrücke sowie allgemeine Beschreibungen zum Herstellen von Beinen und Armen. In dieser Hinsicht gefällt mir das zweite Buch noch deutlich besser wie das erste, wobei auch dieses schon gelungen ist.
Zum Schluss folgen noch Informationen zur Arbeit mit Silikonformen, zu Farbschemata und zum Transport der Figuren. Gerade letzteres finde ich wirklich sinnvoll, schließlich soll das Kunstwerk auch heil ankommen. Auch hier sind beide Bücher wieder sehr ähnlich.
Im Anschluss finden sich dann 14 bzw. 16 tolle abwechslungsreiche Projekte mit genauen Anleitungen, wunderschönen Bildern und zusätzlichen kleinen Schmankerln wie passende Plätzchen und natürlich die Dekoration einer Torte oder eines Dummies.
Das Buch endet dann mit Vorlagen zum einfacheren Nacharbeiten der Figuren und einer Liste der Shops, von denen das Zubehör gekauft werden kann.
Die Figuren: Auswahl und Nacharbeiten
Als ich die Bücher zum ersten Mal durchgeblättert hatte, war ich beeindruckt und überrascht von der Vielfalt der Figuren. Zwar liegt der Schwerpunkt schon auf Menschen, aber es werden auch ein Roboter, Mäuse, ein Auto, ein Fahrrad (Teil 1), ein Hund, ein Schweinchen im Flugzeug, und ein Fuchs gezeigt. Die Menschen reichen von elegant und zart (Ballerina, Shopping Queen in Teil 1, Queen of Kitchen, Star Supreme, Tea Ceremony in Teil 2), über dick und selbstbewusst (Moulin Rouge, Queen of Hearts in Teil 1, Koch, Wikinger in Teil 2) zu niedlich-knuffig (Baby, Weihnachtsmann, Kinder in Teil 1, Santas Helfer in Teil 2). Ein Brautpaar, eine Fee und eine Großmutter sind ebenfalls in Teil 1 dabei, Teil 2 zeigt weiter ein Brautpaar, einen Spielzeugsoldaten, einen Superhero, einen Zombie und noch viel mehr – man lernt also nicht nur die lächelnde Standard-Babie-Figur, sondern ein breites Spektrum an Alter, Gesichtsausdrücken, Körperformen usw. Dabei ist jede Figur unglaublich ausdrucksstark, wunderbar sauber gearbeitet und einfach faszinierend schön.
Jede Anleitung beginnt mit einer Auflistung der benötigten Zuckermassen und Werkzeuge. Besonders hilfreich finde ich, dass jeweils auch die Menge angegeben ist. So weiß man gleich, wie viel Modelliermasse einer Farbe benötigt wird. Meist wird dann zunächst beschrieben, wie der Untergrund der Figur gestaltet wird, also wie ein Dummie oder eine Torte dekoriert wird. Dies ist relativ knapp gehalten, schließlich steht ja die Figur im Vordergrund. Das Modellieren der Figur selbst wird Schritt für Schritt ausführlich beschrieben, dazu gibt es Bilder, die die einzelnen Schritte zeigen. Nicht zu jedem Schritt gibt es ein Bild, aber ausreichend viele, um die Anleitung gut zu verstehen. Eingestreut sind außerdem hilfreiche Tipps, die auf bestimmte Stolperfallen eingehen. Besonders gelungen finde ich, dass die Menge Modelliermasse für die jeweiligen Körperteile angegeben sind. So fällt es Anfängern viel leichter die richtigen Proportionen einzuhalten. Dies ist in Teil 2 fast noch konsequenter gemacht worden. Wem das nicht reicht, der findet zu vielen Figuren zusätzlich Vorlagen, an Hand derer man die richtige Krümmung und Form der einzelnen Körperteile nacharbeiten kann. Wirklich sehr hilfreich und gut gemacht. Man merkt daran einfach, dass viel Arbeit in das Buch gesteckt wurde. Abschließend gibt es zu jedem Projekt eine kleine passende Ergänzung, wie z.B. Plätzchen oder Cake Pops. Das finde ich irgendwie sehr nett und liebevoll gemacht.
Nicht alle Figuren werden übrigens rein aus Fondant gemacht, teilweise werden „Unterbaue“ aus Styropor, Kuchen oder Rice Crispie Masse verwendet. Beispielsweise das Auto ist eigentlich eine 3D-Torte, es besteht also fast vollständig aus Kuchen. Der Roboter dagegen ist teilweise aus Styropor gearbeitet. So lernt man ab vom Modellieren noch verschiedene weitere Techniken, um bestimmte Figuren umzusetzen.
Ein bisschen schade finde ich, dass die Gesichter im ersten Teil zum größten Teil mit Hilfe einer Silikonform gemacht werden. Zwar werden sie danach noch individuell weiterbearbeiet, aber ich hätte lieber alles von Hand zu modellieren gelernt. Im zweiten Buch von Carlos Lischetti ist das anders, dort werden auch die Gesichter vollständig frei modelliert. Dazu gibt es dann jeweils sehr viele gute Bilder, damit diese auch gut gelingen. Auch hier überzeugen die Gesichter wieder durch ihre Vielfalt, es gibt nicht nur das Standard-Lächeln, sondern auch viele andere Gesichtsausdrücke.
Ich habe bisher mich von der Shopping Queen zu einer ganz anderen, eigenen Figur inspirieren lassen. Diese war eine meiner ersten wirklich vollständigen Figuren. Ich konnte der Anleitung dabei gut folgen und hatte auch keine Schwierigkeiten, diese auf meine Idee abzuändern.
Empfehlenswert?
Für mich gehören diese Bücher zu den schönsten und besten Bücher, die ich im Regal stehen habe. Ich würde mir beide jederzeit wieder kaufen, weil sie einfach so beeindruckend liebevoll gestaltet sind. Vermutlich werde ich nicht die Figuren alle konkret nacharbeiten, aber ich werde es sicher oft zur Hand nehmen, um mich inspirieren zu lassen. Viele Tipps habe ich außerdem mitgenommen, um meinen eigenen Stil zu finden. Wer sich für ein Buch entscheiden will, dem würde ich das zweite empfehlen. Da es nicht auf dem ersten aufbaut, kann man ohne Probleme alleine nach dem Buch arbeiten. Das zweite Buch ist, was die Anleitungen und den allgemeinen Teil betrifft, einfach noch einen Tick besser. Von den Figuren her müsstet ihr einfach mal vergleichen, was euch jeweils besser gefällt.
Ich hatte ja schon geschrieben, dass die Figuren von Carlos Lischetti vereinfacht sind und nicht detailgeträu lebensecht. Wer auf der Suche nach Anleitungen für solche ganz lebensechten Modellierungen ist, ist von diesem Buch vielleicht enttäuscht. Aber ich finde, dass man dennoch daraus viel lernen kann. Man lernt nämlich, auf welche Details und Linien es ankommt, um einen bestimmten Effekt zu erzeugen. Ein Zitat aus dem Kurs, was sich auch so im Buch findet: im Alter sackt alles nach unten und wenn wir lächeln, geht alles nach oben. Solche Basisregeln muss man eben verstehen, wenn man schöne ausdrucksstarke Figuren machen möchte. Dann kann man die Details so genau wie man möchte ausarbeiten. Insofern ist dieses Buch eine wundervolle Basis, wenn man Modellieren lernen möchte.
Viele Künstler gestalten ja ihre Figuren in so einem vereinfachten Comic-Stil – da muss man den jeweiligen Stil des Künstlers eben mögen oder nicht. Ich mag die Eleganz der Figuren sehr, weil ich nur niedliche Grinsefiguren immer ein bisschen langweilig finde. Aber wie schon gesagt, das ist Geschmackssache. Man sollte sich also vor Kauf des Buches zum Beispiel auf Carlos Blog einmal die Figuren ansehen, dann ist man nachher nicht enttäuscht.
Wichtig ist allerdings, dass man recht gut Englisch versteht. Es gibt schon so manche spezielle Vokabeln und Formulierungen, die mit einfachstem Touri-Englisch nicht verstanden werden können. Mit etwas besserem Schulenglisch, ggf. einem Wörterbuch und dank der guten Bilder hat man aber keine Schwierigkeiten.
Mit dem Absenden des Kommentars bist du einverstanden, dass im Rahmen der Kommentar-Abgabe Daten erfasst und gespeichert werden, wie in der Datenschutzerklärung zur Kontaktaufnahme angegeben.